Wenn der Bub zeichnet

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Bubu
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Re: Wenn der Bub zeichnet

Beitrag von Bubu »

Danke dir, Sabbo! Manchmal frag ich mich, woher diese Motivation kommt, hatte die als Kind und Jugendlicher nicht, aber bin froh, dass sie da ist.
Und so, umkränzt von Farb und Bogen,
Erheitert leuchtet ihr Gesicht,
Entgegen kommt er ihr gezogen;
Doch er, doch ach! erreicht sie nicht!

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Sabbo
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Re: Wenn der Bub zeichnet

Beitrag von Sabbo »

Bubu hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 16:00 Danke dir, Sabbo! Manchmal frag ich mich, woher diese Motivation kommt, hatte die als Kind und Jugendlicher nicht, aber bin froh, dass sie da ist.
Gib mir etwas davon ab, ich struggle momentan wieder unheimlich dabei mich selbst zu motivieren im kreativen Bereich. Hab gestern mit Mühe und Not was zusammen gedengelt aber es war echt angestrengt, nicht mit der Leichtigkeit wie sonst...war eher so ein Zwangefühl, länger nichts gemacht zu haben und doch mal wieder zu "müssen"...bei mir genau umgekehrt, war als Kind/Jugendliche da viel motivierter...
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Bubu
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Re: Wenn der Bub zeichnet

Beitrag von Bubu »

@Sabbo, bei mir ist Spaß immer ein gutes Zeichen gewesen, dass ich es richtig mache. Ich zwinge mich nicht, aber wenn ich nach nem kleinen Schubser keinen Spaß empfinde, mache ich was falsch.

@Topic:

Ich glaube, ich verstehe so langsam die Dreidimensionalität beim Zeichnen. Zwar gibt es Werke von mir, die plastisch aussehen, aber das ist eine Illusion: Ich habe die Linien und Schatten einfach so genau kopiert, dass es dreidimensional erscheint. In letzter Zeit verstehe ich aber immer mehr _intuitiv_, wie sich die Tiefe auf dem Papier darstellen lässt.

Unter anderem hier zu sehen:
Spoiler:
running_by_katung_dh0r3ey-pre.jpg
running_by_katung_dh0r3ey-pre.jpg (30.02 KiB) 10454 mal betrachtet
Habe mich auch mal an einer Landschaft probiert und bin auch zufrieden mit der Tiefe. Obwohl ich hier nicht direkt an die Dreidimensionalität, sondern die Graustufen gedacht habe.
Spoiler:
landscape_by_katung_dh0it38-414w-2x.jpg
landscape_by_katung_dh0it38-414w-2x.jpg (41.9 KiB) 10454 mal betrachtet
Auch das Einhalten von Proportionen gelingt mir immer besser:
Spoiler:
fascinated_by_katung_dh0r36w-pre.jpg
fascinated_by_katung_dh0r36w-pre.jpg (33.68 KiB) 10454 mal betrachtet
Bin mit meinen letzten Werken also echt zufrieden =D
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Sabbo
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Re: Wenn der Bub zeichnet

Beitrag von Sabbo »

Wow, gefällt mir vor allem die Landschaft. Und als jemand, der wenig "figurativ" zeichnet finde ich es schon krass wie sehr man sich da verbessert, wie oft setzt Du Dich eigentlich dran? Hast Du dann auch Fehlversuche mit zerknülltem Papier x D ?

Dass sich Dein räumliches Denken da weiter entwickelt finde ich ein sehr gutes Achievement, bin gespannt was Du mit dem neuen Verständnis noch so zauberst. Ich mag ja das Spiel mit Schatten bei Bleistiftzeichnungen, finde ich so reizvoll daran.
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Bubu
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Re: Wenn der Bub zeichnet

Beitrag von Bubu »

Danke dir, Sabbo!

Ich hatte eine sehr aktive Phase und ein viertel bis halbes Jahr die Woche 6-12 Stunden gezeichnet. Also schon viel. Hatte jetzt ne Pause von 1-2 Wochen und meine neusten Werke gefallen mir so gar nicht. Fühlt sich an, als hätte ich die Hälfte wieder verlernt. Insofern ja, ich habe viele Fehlversuche, begehe prinzipiell jeden Anfängerfehler, aber schaffe es immer wieder, mich darüber zu erheben. Erst gestern hab ich ein Selbstporträt versucht, was so gar nicht gelang, und am liebsten hätte ich das Papier zerrissen.

Wie du hoffentlich siehst, leuchtet es bei mir nicht so hell, wie es auf den ersten Blick erscheint. Ich kenne Künstler, die in zwei Jahren weiter gekommen sind als ich in 10 - das ist nicht einfach. Mag da ein Zitat von Michelangelo (sinngemäß): "Wenn die Leute wüssten, wie viel Zeit ich in meine Meisterschaft investiert habe - es käme ihn nicht mehr so meisterlich vor."

Aber trotzdem bin ich manchmal baff, was ich so hinkriege. Das ist alles kein Talent, das ist die Liebe an einer Tätigkeit. Nur ein Mann mit einem Stift. Oft ist es schön, aber nicht immer. Ich weiß auch nicht, ob ich jemals so gut werde, wie ich gerne wäre. Aber das ist eben nicht der Grund, warum ich es tue.

Hier noch mal zwei Bilder, die mir gefallen:
Spoiler:
afro_samurai_by_katung_dh5mh3o-414w-2x.jpg
afro_samurai_by_katung_dh5mh3o-414w-2x.jpg (37.26 KiB) 10416 mal betrachtet
Spoiler:
desert_man_by_katung_dh4rhz8-414w-2x.jpg
desert_man_by_katung_dh4rhz8-414w-2x.jpg (46.36 KiB) 10416 mal betrachtet
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Sabbo
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Re: Wenn der Bub zeichnet

Beitrag von Sabbo »

Ich mag die Art wie Du schraffierst auch mit den verschiedenen Abstufungen, da gefällt mir das erste Bild aus dem letzten Posting besonders^^. Ich sage mal so, Fehler sind wichtig für den Prozess, konnte ich früher auch nicht so sehen, inzwischen ist mir klar geworden, dass ich mich nur durch "try and error" weiter entwickle.

Bei Dir sehe ich auf jeden Fall auch eine Entwicklung, kann Dich nur ermutigen, weiter zu machen, immer etwas zu probieren, allen Umständen zum Trotz.

An anderen würde ich mich da nicht messen, es ist eben immer Licht und Schatten, wichtig ist weiter das zu tun was man liebt, den Wirrungen zum Trotz, ich sehe es auch als eine Art "Hirndünger" an, ein kreatives Hobby. Habe auch so meine Kämpfe, die Liste der unvollendeten/nicht angefangenen Sachen bei mir ist lang und es kostet mich manchmal sehr viel Mühe, mit etwas anzufangen.

Manchmal zieht sich ein einziges Projekt über viele Monate, weil ich nicht in die Gänge komme, keine Motivation habe. Aber so lange man nie aufgibt, es zu versuchen, ist alles fein. Ich finds immer schade, wenn so etwas verloren geht, weil es jemand völlig aufgibt.
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Bubu
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Re: Wenn der Bub zeichnet

Beitrag von Bubu »

So, habe mich sehr aufs Plastische, Dreidimensionale konzentriert und ein neues Lieblingsbild von mir geschaffen. Bin echt zufrieden, sieht meiner Meinung nach besser aus als die Referenz.

Muss es verlinken, weil die Datei zu groß ist:

https://www.deviantart.com/katung/art/Cutie-1121707841
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Sabbo
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Re: Wenn der Bub zeichnet

Beitrag von Sabbo »

Ich kann Dich nur ermutigen, weiter zu machen, mir gefallen Deine Zeichnungen und die Art wie Du schattierst. Deine Gesichter haben auch Ausdruck, etwas woran ich noch arbeite, kann zB Mimik usw nicht so gut.
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Bubu
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Re: Wenn der Bub zeichnet

Beitrag von Bubu »

Heya Sabbo! Danke für die Antwort und ja, ich bleibe dran :D Gibt mir einfach zu viel.
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Bubu
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Re: Wenn der Bub zeichnet

Beitrag von Bubu »

Ein Tanz im Weltall

Ein Kuss. Vielleicht zu viel gewollt, vielleicht zu wenig. Ich mochte ihre braunen Augen, ihr rotes Haar, ein kleines Feuer in dem ewigen Blau. Ich berührte ihren Anzug und spürte nicht das schwarze Polyester, sondern ihre Hand, ihre zitternde Hand. Wir fielen, in diesen blauen Gasplaneten, bis der Druck irgendwann groß genug war, um uns zu zerschmettern.

Aber bis dahin – durch den durchsichtigen Astronautenhelm – war es ein Kuss. Das Entsetzen in ihren Augen verging, wahrscheinlich wie bei mir, und all die Schwere, all die Schwere wich der Schwerelosigkeit.

Dana. Ihr Name begann mir erst zu gefallen, als ich sie kennenlernte. Als sie sich in der vollen Kantine an einen fast leeren Tisch neben mich setzte und anfing, sich mit dem eigenbrötlerischen Physiker, der ich war, über die neusten Theorien zu unterhalten. Als sie mich bat, der sich mit künstlerischen Werken nicht auskannte, eine Foto von ihr zu machen, wie sie in ihrem blauen Kleid vor dem Meer posierte. Als wäre sie das eigentliche Meer und die weißen Mosaikmuster des Stoffes der Schaum der Wellen, die nur für mich bestimmt waren.

Ich konnte noch nie mit Menschen, ganz besonders nicht mit Frauen, und obwohl ich Gesellschaft genoss, schien es, als könne sie mich nicht genießen. Es gab nun mal Menschen, die einfach anders waren, für die das Leben einen anderen Platz vorgesehen hatte. Ich war eine Gleichung, die in die dominante Theorie einfach nicht hineinpasste. Aber ich hatte Trost gefunden. Wenn ich mir das Summen der Hintergrundstrahlung hörbar machte, wenn ich herausfand, nach welchen Gesetzen das Weltall funktionierte, wenn ich in all den Zahlen einen Zusammenhang fand – dann war das etwas, was mir nicht nur Freude, sondern Erfüllung gab. Ein komischer Kauz, den die komische Kauzigkeit nicht daran hindern konnte, seinen Platz in der Gesellschaft, in dem Universum zu finden.

Nie wusste ich, ob ich sie mit meinem Gerede über den Ursprung des Energieerhaltungssatzes nicht langweilte, ob ihr mein Geschwafel über die neusten Weltformeln nicht zu viel wurde – aber einen Tag nach dem anderen setzte sie sich neben mich in der Kantine. Vielleicht erging es ihr genauso. Als sie stundenlang erzählte, welche Pflanzen sie gerade züchtete, mit was für einer Bewässerungsanlage sie hantierte oder was ihre Lieblingsfarbe war. Ich hörte ihr immer gerne zu, nicht weil der Inhalt mich interessierte, sondern das, was sie daraus machte, was es ihr bedeutete. Ihre Lieblingsfarbe war das Blau-Lila des Blauen Eisenhuts.

Sie liebte die Natur, sie liebte es sie zu hegen und zu pflegen. Eine Botanikerin, die sich aufgemacht hatte, weg von der bunten Natur der Erde, hin zu dem tristen Metall eines Raumschiffes. Aber an den Ecken und Rändern – und natürlich in ihrer Anlage – fand man überall ihre Werke, ihr kleines Stückchen irdische Heimat. Mal hatte sie mich gebeten, auf ihre Pflanzen aufzupassen, als sie wieder für ein paar Tage auf einem Planeten unterwegs war. Es war knapp, aber sie haben überlebt.

Was hatten wir für Welten erkundet. Einen Planeten, zugewuchert von fremden Pflanzen, aber gleichsam grün wie die auf der Erde. Keine Tiere – zumindest hatten wir keine gesehen – nur eine Art Baum, der auf den anderen folgte. Die Flüsse verliefen unter der Erde, es gab keine Ozeane, die Oberfläche bestand nur aus Gewächsen, ein ewiger Urwald, egal, in welche Richtung man schaute. Ich dachte, das sei der perfekte Ort für Dana. Und stellte mir vor, wie es wohl wäre, mit ihr dort zurückgezogen ein Leben zu verbringen. Die Strahlen der beiden Sonnen so lange zu genießen, bis wir zu alt geworden wären.

Aber wir sind zurück in unser Raumschiff. Zurück in unseren Trott, aus dem wir stets das Beste machten, der an sich gar nicht so schlimm war. Manchmal denke ich, ich hätte mehr Schritte auf Dana zumachen müssen, aber der Gedanke verklingt schnell. Wir hatten auch so eine wundervolle Zeit, zwei Eigenbrötler, die ihre Zuneigung eben so zeigten, wie sie sie zeigen konnten.

Dann kam die Explosion. Wir wollten gerade die Raumstation betreten, als etwas in der Luke schiefging. Ein großer Knall und wir wurden in die Weiten des Alls geschleudert. Als ich wieder zu mir kam, war sie noch ohnmächtig, doch irgendwie waren unsere Raumanzüge an der Hand aneinandergeschmolzen. Jede meiner Bewegungen war auch eine Bewegung für sie und da waren wir Zwei, losgelöst von allem, außer uns beiden. Eine schöne Vorstellung.

Ich weiß nicht, wie lange wir durch das Weltall flogen. Wir konnten nicht einmal reden, weil die Kommunikationssysteme ausgefallen waren. Aber wenn das Licht im richtigen Winkel durch ihren Helm schimmerte, konnte ich ihr Gesicht sehen und sie meins. Es war beinahe wie in der Kantine, nur wir Zwei. Und auch wenn ich anfangs ihre Angst erkennen konnte, fand sie es tröstend, dass sie zumindest mich hatte.

Wir hatten uns gefragt, ob uns jemand retten würde. Wir hatten es gehofft. Die Explosion auf der Station hatten bestimmt viele mitbekommen, aber es kam niemand. Und je länger wir dort flogen, in diesem Nichts, das nur aus leerem Raum bestand, desto geringer wurden die Chancen. Desto sicherer wurden wir uns, dass uns niemand retten würde. Trotzdem nahm die Angst, die wir verspürten, immer mehr ab.

Nach einer Weile begannen wir zu spielen. Zuerst machten wir ein paar Bewegungen, dann rhythmischer, bis es zu einem Tanz wurde. Ein Tanz im Weltall. So ungeschickt ich in meinen Bewegungen war, gerade in dem Anzug, so sehr genoss ich es, genossen wir es, endlich zueinander zu finden. Stunden vergingen, vielleicht Tage, wir waren hungrig, durstig, aber auch glücklich. Manchmal brauchte es – so folgerte ich – einzigartige Situation, um Menschen zusammenzubringen. Und so tanzten wir, während Planet um Planet in weiter Entfernung an uns vorbeizog. Wir wurden schwächer und schwächer und irgendwann schliefen wir beide ein.

Es war ein Stoß gegen meinen Bauch, der mich dann weckte. Dana zeigte auf den blauen Gasplaneten, dessen Gravitation uns erfasst hatte und auf sich zuzog. Das Ende unserer Reise. Mein Magen schmerzte vor Hunger, mein Hals war zu trocken und ich blickte in ihre braunen Augen, die gleichsam in meine sahen, aber ängstlich. Wir wurden tiefer und tiefer in den Gasplaneten gezogen und das leere Schwarz des Raumes wurde zu einem Blau. Und da wusste, dass jetzt die Zeit gekommen war. Selbst ein Feigling wie ich konnte Mut finden. Ich zog sie heran, überraschend kühn und drückte meinen Helm an ihren. Und da war es.

Ein Kuss. Vielleicht zu viel gewollt, vielleicht zu wenig. Ich mochte ihre braunen Augen, ihr rotes Haar, ein kleines Feuer in dem ewigen Blau. Ich berührte ihren Anzug und spürte nicht das schwarze Polyester, sondern ihre Hand, ihre zitternde Hand. Wir fielen, in diesen blauen Gasplaneten, bis der Druck irgendwann groß genug war, um uns zu zerschmettern.

Aber bis dahin – durch den durchsichtigen Astronautenhelm – war es ein Kuss. Das Entsetzen in ihren Augen verging, wahrscheinlich wie bei mir, und all die Schwere, all die Schwere wich der Schwerelosigkeit.
Und so, umkränzt von Farb und Bogen,
Erheitert leuchtet ihr Gesicht,
Entgegen kommt er ihr gezogen;
Doch er, doch ach! erreicht sie nicht!

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