Ich trinke seit 2008 keinen Alkohol mehr. Auch vorher habe ich das Zeug nur widerwillig und aus Gruppenzwang zu mir genommen - ich fand das immer schon in jeglicher Kombination widerlich und unnötig. Wie oft habe ich die Sätze gehört "Man gewöhnt sich dran", "Du hast nur noch nicht die richtige Mischung für dich entdeckt" oder "Du musst das nur mit dieser Limo strecken"! Nope. Wieso trinke ich dann nicht gleich einfach nur die Limo und lass das eklige Zeug weg? Nichtsdestotrotz war ich in meinen Teenagerzeiten lange nicht so selbstbewusst und meinungsstark wie heute und war auf Partys einige Male betrunken. Nach dem letzten, heftigsten Absturz habe ich dann aber den Entschluss gefasst, nie wieder Alkohol zu mir zu nehmen.
Die eigentlich anvisierte Wirkungsweise war bei mir auch eher gegenteilig: ich wurde stiller und zurückhaltener von Alkohol, meist weil es mir schon schnell schlecht davon ging. Dazu kommt, dass es ungesund, teuer und gefährlich ist. Wieso sollte ich es also trinken?
Es ist interessant, dass man mir, wenn ich das erzähle, oftmals eine große Willensstärke attestiert oder gar Respekt zollt - als sei es so schwierig, auf Alkohol zu verzichten. Das mag auf andere zutreffen, aber auf mich nicht. Ich leide ja nicht darunter, auf Alkohol zu verzichten oder müsste mich da stark zusammenreißen, es nicht zu trinken. Im Gegenteil: Für mich ist das kein Verzicht, sondern Freiheit. Es ist außerdem viel einfacher für mich, als mich immer wieder dazu nötigen zu lassen, das Zeug zu trinken.
Was allerdings in der Tat nervig ist, ist, dass man sich ständig erklären und rechtfertigen muss.
"Wieso trinkst du denn nicht?" - Ich mag es nicht. "Ach, probier das hier mal, das schmeckt gut!"
"Willst du fahren?"
"Ach, einen Schluck kannst du doch eben mit uns allen mittrinken!"
"Nichtmal an Silvester?"
Nein, nichtmal an Silvester. Nie.
Ich finde es krank, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der es etwas Außergewöhnliches und Erklärungs- bzw. Rechtfertigungswürdiges ist, dass man keinen Alkohol trinkt. Ich finde, dass eher das Gegenteil der Fall sein sollte.
Das ist in den letzten Jahren aber besser geworden, weil die Akzeptanz zunimmt und mehr und mehr Menschen komplett auf Alkohol verzichten. Liegt wahrscheinlich aber auch daran, dass mein Umfeld älter und weiser wird und ich Partys ohnehin fast vollständig vermeide.
Nicht falsch verstehen: Von mir aus können Menschen so viel Alkohol trinken, wie sie wollen - solange sie niemanden gefährden (einschließlich sich selbst) und mich nicht nerven. Nur passiert das leider sehr oft und sehr schnell. Allein die ganzen Verkehrstoten aufgrund von Alkohol am Steuer, lassen in mir den Wunsch aufkommen, dass wir Alkohol und das Betrunkensein in der Gesellschaft wenigstens nicht so feiern und glorifizieren würden.